Leben mit Gott - Briefe zum christlichen Glauben


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24.Juli 2013



Der erste Anlaß, diesen Brief zu schreiben, war eine Fernsehsendung von Bibel Tv. Eine kleine Runde hatte offensichtlich über ein Buch zur Beichte gesprochen. Ein Mann der Kirche wußte, wen man da werbewirksam einladen muß: Gloria, die Fürstin von Thurn und Taxis. Ich schaltete wohl zu spät ein, jedenfalls war da niemand, der das Evangelium kennt und verteidigt. Es ist wahr was ich sage: Es fiel mir vor einiger Zeit auf, daß der Youkat (Jugendkatechismus) beim Thema „Beichte“ die Bibel so tendenziös auslegt. Es steht da nämlich die Überschrift: Warum können nur Priester Sünden vergeben?

Warum war ich so sicher, daß Jesus seinen Jüngern (also nicht nur den Aposteln) sagte: „Empfangt den Heiligen Geist! Wenn ihr jemandem die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, wenn ihr sie jemandem behaltet, sind sie (ihm) behalten.“? (Joh. 20, 22-23) Weil es für mich ein erlösendes Wort war, daß Jesus diese Worte allen sagte, die bei verschlossenen Türen auf den Auferstandenen hofften. In der Bibel stand die Überschrift: „Erscheinung des Auferstandenen vor den Jüngern.“ Ich suchte geraume Zeit nach Jesu Wort, das den Jüngern erlaubt, Sünden zu vergeben. Nach einigem Durchblättern des gesamten Neuen Testaments gab ich erst einmal auf. Dann fiel mir auf, daß ich ja das Katholische und das Evangelische Gesangbuch habe, vielleicht werde ich da eher fündig. Im evangelischen Buch stand viel Allgemeines, z. B., daß der Mensch nicht vom Brot allein lebt, aber nichts fand ich zu diesem die Jünger ermächtigenden Wort. Dann suchte ich im Kath. Gesangbuch und ich wurde fündig (Joh. 20,22-23). Ich hätte dieser wichtigen Aussage Jesu eine eigene Überschrift gegeben.

Wenn im Youkat die Überschriftsfrage (236) lautet „Warum können nur Priester Sünden vergeben?“, dann nenne ich das eine grobe Entstellung der Worte der Schrift. Mein Mann sagte: Aus der Botschaft Gottes spricht ein großes Vertrauen in den Menschen. Und aus dem Verhalten der katholischen Kirche spricht ein großes Mißtrauen gegenüber dem Menschen („Wo kämen wir denn da hin, wenn der Einzelne sich direkt – ohne Priester – an Gottes Wort orientiert?“).

Eine Predigerin sagte in diesen Tagen, daß sie es schaffte, sich nach drei Minuten bei ihrem Mann zu entschuldigen. Früher hätte es drei Jahre gedauert. Ich dachte an die Zeit, als ich mir Sünden für die nächste Beichte merken wollte. Jetzt spüre ich meist sehr schnell, was falsch war, und sofort bringe ich meine Reue und mein Bekenntnis vor Gott. Wer es so macht und machen will, wie es die Fürstin von Thurn und Taxis es anpries, mache es halt so. Ich erinnere mich an eine frühere Beichte, in der der Beichtvater  seinen Unmut ausdrückte, daß man wegen meiner (wohl zu mageren) Sündenliste seine kostbare Zeit verbraucht. Ich denke, wegen schwerer Vergehen braucht man den verschwiegenen Beichtvater, aber sonst können z.B. auch Eltern ihre Kinder um Verzeihung bitten. Das Vertrauen, das Jesus vor seinen Jüngern ausspricht, fordert doch den Menschen heraus, dankbar anzunehmen. Das hat mit liebevollem Geben und Nehmen zu tun.

Ich begreife nicht, wie man angesichts Gottes liebevollem Vertrauen eine so komische Frage in einen Katechismus schreiben kann: „Warum können nur Priester Sünden vergeben?“ Denkt man etwa, nur Priester seien Jesu Jünger?


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